Baltikum für Entdecker: Mit dem Wohnmobil durch den Nordosten Litauens
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Mit seinen unberührten Seenlandschaften, prachtvoller Architektur und zahlreicher kulinarischen Köstlichkeiten steckt Litauen, der größte und südlichste der drei baltischen Staaten, das ganze Jahr über voller Überraschungen. Wer mit dem Wohnmobil anreist, sollte seinen Urlaub allerdings in den Monaten Mai bis September einreichen, da die meisten Campingplätze außerhalb der Saison geschlossen bleiben. Ist die Rezeption besetzt, wird vielerorts aber sogar Deutsch gesprochen.
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Die beiden Verkehrsadern E30 und E67 führen gut 1.000 km von Berlin aus quer durch Polen bis an den Ausgangspunkt der Litauen-Tour. Vielleicht baust du unterwegs noch einen Zwischenstopp in Warschau ein oder entscheidest dich bei Anreise aus dem Süden Deutschlands für einen Umweg über Prag. Welche Route du auch wählst: Vergiss die Stunde Zeitverschiebung nicht! Sonst stehst du am Ende vor geschlossenen Campingplatztüren. Alles bereit? Dann geht es auch schon los: eine einwöchige Rundreise abseits der üblichen Touristenpfade Europas!
Praktische Informationen zur Camping-Tour | |
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Route | Vilnius - Dubingiai - Ginučiai - Zarasai - Rokiškis - Biržai - Pakruojis - Krekenava - Anykščiai - Molėtai - Vilnius |
Strecke | ca. 600 km |
Fahrtzeit | 7-10 Tage |
Highlights | Seen im Aukštaitija-Nationalpark, Tiesenhausen-Palais in Rokiškis, Herrenhaus Pakruojis |
Beste Reisezeit | Mai - September |
Maut | keine Maut |
Roadtrip durch die unberührten Seenlandschaften Ostlitauens
Angekommen in Vilnius, hängst du am besten noch eine Fahrstunde dran, denn 63 km weiter nördlich empfängt dich das Camping Obuolių Sala/Apfelinsel als erstes Nachtlager auf deiner Route durch Ost- und Nordlitauen. Stelle deinen Camper auf einem von 24 Plätzen mit Strom- und Wasserversorgung ab oder ziehe in eines der Ferienhäuschen auf einer Insel im See Grabuostas. Miete ein Boot und erkunde die Umgebung vom Wasser aus oder tauche vom Badestrand direkt ins kühle Nass ein. An kälteren Tagen sorgen gleich zwei Saunen für wohlige Wärme. Die perfekte Ausgangsbasis also für deine Erkundungsfahrt durch Ostlitauen.
Die Tour führt dich als Erstes in die Kleinstadt Dubingiai am Asveja-Regionalpark. Der gleichnamige See ist die Heimat seltener Vogelarten. Wunderschön ist auch das 11.000 Jahre alte Tal rund um den Bergbach Jurkiškis. Ein 1,5 km langer Holzweg mit Informationstafeln führt durch die eiszeitlich geprägte Landschaft aus Eichenwäldern, Hügeln, Seen und Sümpfen. Alternativ schwingst du dich aufs Rad oder schnappst dir ein Paddel und verbindest den Ausflug mit dem täglichen Fitnessprogramm.
Traumhafte Natur in den Nationalparks des Landes
Das nahegelegene Städtchen Molėtai besticht mit seiner traumhaften Lage am Labanoras-Regionalpark, dessen Seen und Sumpfgebiete bei Wasservögeln und Wassersportlern gleichermaßen beliebt sind. Hobbyornithologen legen sich im größten Weißstorchbrutgebiet Europas auf die Lauer oder bewundern die Landschaft mit ihren Inseln und Halbinseln vom 36 m hohen Aussichtsturm in Mindunai gleich selbst aus der Vogelperspektive. Wer in noch höhere Sphären emporsteigen möchte, begibt sich in Molėtai ins weltweit einzige Museum der Ethno-Kosmologie und erforscht das Weltall anhand meteorologischer Instrumente, Kalender und Kunstwerke durch die Augen der alten Litauer.
Ein weiteres Naturhighlight auf der Route durch Ostlitauen befindet sich mit dem Aukštaitija-Nationalkpark rund 40 km weiter nordöstlich. Der für seine Biodiversität bekannte Nationalpark ist nicht nur der älteste des Landes. Er schützt auch bis zu 200 Jahre alte Kiefernwälder, die sich über die Jahrhunderte zum Zuhause zahlreicher seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten entwickelt haben. Die 126 Seen des Parks sind verknüpft durch Flüsse und Wasserstraßen, welche du hervorragend per Boot oder Kayak erkunden kannst. Dazwischen bieten sich 116 Dörfer mit insgesamt nur 2.300 Einwohnern als Pausenort an. Besonders sehenswert sind die historische Wassermühle von Ginuciai sowie die Kirche von Paluse. Als älteste noch intakte Holzkirche des Landes hatte sie es vor der Einführung des Euros sogar bis auf die 1-Litas-Banknote geschafft. Noch älter sind die zahlreichen Hügelgräber des Parks, die sich teilweise bis ins 4. Jahrhundert zurückdatieren lassen.
Im Dreiländereck an der Grenze zu Russland
Von hier führt dich deine Litauen-Route weiter ins Dreiländereck zu Lettland und Weißrussland. Rund um das stillgelegte Kernkraftwerk Ignalina bietet die heute zu mehr als 50 % von ethnischen Russen bevölkerte 30.000-Einwohnerstadt Visaginas einen spannenden Kontrast zu den unberührten Naturlandschaften der Region. Genau in diese kehrst du aber schon bald zurück, denn in Zarasai, dem wärmsten Ort Litauens, erwartet dich mit der Stelmužė-Eiche nicht nur der älteste Baum des Landes, sondern auch einer der ältesten in ganz Europa. Der Kurort mit seinen Badeinseln liegt inmitten einiger der größten Seen Litauens und ist vor allem bei Wassersportlern und Anglern sehr beliebt.
Verspürst du nach all den vielen Aktivitäten an der frischen Luft einen Drang nach Abwechslung oder macht sich in der Magengegend ein gewisses Hungergefühl breit, ist es an der Zeit, deine Zelte in Ostlitauen abzubauen und dich Richtung Norden zu begeben. Dort warten neben historischen Herrenhäusern traditionelle baltische Spezialitäten auf Schleckermäuler und solche, die es noch werden wollen.
Kulturhighlights und kulinarische Höhenflüge in Litauens Norden
Vorher musst du aber in den süß-sauren Apfel beißen – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Erzeugnisse der Obstbäume auf dem Areal des Sunny Nights Camping & Hostel solltest du dir nämlich auf keinen Fall entgehen lassen. Alternativ kannst du dir dein Abendessen am angrenzenden See aber auch gerne selbst angeln. Nachhaltigkeit und Naturfreundlichkeit stehen auf diesem Campingplatz nämlich an allererster Stelle. Davon können nicht nur die hier ansässigen Hunde, Katzen und Schafe ein tierisches Lied singen können.
Wer nach dieser Predigt etwas beichten möchte, hat Glück gehabt: Der nächste Pilgerort befindet sich mit dem berühmten Berg der Kreuze in nur 19 m Entfernung. Ansonsten begibst du dich in die rund zwei Fahrstunden weiter östlich gelegene Matthäus-Kirche von Rokiškis. Neben dem wichtigsten neugotischen Bauwerk Litauens und dem spektakulären Tiesenhausen-Palais solltest du dir auch einen Besuch der Käsefabrik Rokiškio sūris nicht entgehen lassen, die das ganze Land mit ihren schmackhaften Molkereiprodukten beliefert.
Käse spielt neben dunklem Brot und Folklore-Liedern auch eine der Nebenrollen auf dem Zaldoka-Bierfest. In den vier Brauereien der traditionellen Bierbrauenstadt Biržai unweit der Grenze zu Lettland kannst du aber auch das restliche Jahr über den ein oder anderen aromatischen Gerstensaft verköstigen. Daneben findest du hier mit der Burg von Biržai die besterhaltene Befestigungsanlage des Landes.
Zu Besuch im Herrenhaus von Pakruojis
Ein weiteres Superlativ hat das knapp 70 km südwestlich gelegene Pakruojis zu bieten. Das größte denkmalgeschützte Herrenhaus Litauens erstrahlt seit seiner Renovierung im Jahr 2013 wieder in neuem Glanz. Stattest du auch den 34 weiteren Gebäude der Anlage – darunter Stallungen, Wassermühle, Schlosserei, Schnapsbrennerei und eine kleine Brauerei mit traditioneller Bierverkostung – einen Besuch ab, ist das Tagesprogramm schon fast gefüllt. Vor allem, wenn du im Sommer anreist und an einem der vielen Workshops teilnimmst. Vielleicht wolltest du ja schon immer dein eigenes Parfüm kreieren? Eine Bienenzucht starten? Oder dich in der Schmiedekunst versuchen? In der kalten Jahreszeit bringt ein Chinesisches Laternenfestival Licht in deine Litauen-Route.
Tier- wie Fleischliebhaber führt diese anschließend nach Krekenava in den gleichnamigen Regionalpark. Das zu 43 % von Wald bedeckte Jagdgebiet beherbergt 846 verschiedene Tierarten: von Hirschen und Wildschweinen über Biber und Otter bis hin zu einer freilaufenden Wisentherde. Möchtest du lieber etwas für die klassische Bildung tun, warten historische Festungsanlagen, Windmühlen, Holzkirchen, Opferhügel, Grabstätten und weitere Kulturmonumente auf deine Entdeckung.
Anykščiai: Das Weimar Litauens
Die letzte Station deiner Litauen-Route, bevor du Kurs auf die Hauptstadt Vilnius nimmst, gilt unter Einheimischen als besonders beliebtes Urlaubsziel. Wegen der bedeutenden Schriftsteller, die hier lebten und wirkten, hat sich Anykščiai als Weimar Litauens einen Namen gemacht. So gehören etwa das Wohnhaus von A. Vienuolis–Žukauskas und die sogenannte „Getreidescheune“ von Antanas Baranauskas zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten.
Wer eher weniger mit der Literaturelite Litauens am Hut hat, genießt den Ausblick von der höchsten Kirche des Landes, erkundet die Pisten des nahegelegenen Skigebiets oder probiert die süßen Tropfen im knapp 100 Jahre alten Obstweingut Anykščiai Vinas. Nach einer Nacht der Ausnüchterung führt dich deine Litauen-Route schließlich über Molėtai zurück nach Vilnius, wo du die letzten Tage deiner Reise verbringst.
Ende der Tour in der Welterbestadt Vilnius
Bevor du die bevölkerungsreichste Stadt des Landes und größte Stadt des Baltikums mit deiner Präsenz beehrst, stellst du dein Wohnmobil noch ein letztes Mal ab: und zwar auf dem Vilnius City Camping an der Biegung des Flusses Neris. Hier leihst du dir ein Fahrrad aus und radelst entspannt ins rund 6,5 km entfernte Stadtzentrum. Die um einen Burgberg angelegte Altstadt zählt zu den größten und besterhaltenen Altstadtkernen Europas und ist durch barocke Bauwerke italienischer Meister geprägt.
Wir beginnen unseren Stadtrundgang am Gediminas-Turm, dem Wahrzeichen der Stadt. Von hier sind es nur wenige hundert Meter bis zum direkt unterhalb der Burganlage gelegenen Großfürstlichen Schloss und der angrenzenden Kathedrale St. Stanislaus mit ihrem freistehenden Glockenturm. Richtung Süden führt dein Weg zur St.-Annen-Kirche, die ein einzigartiges Beispiel des Flamboyantstils außerhalb Frankreichs darstellt, und weiter zur barocken Kasimir-Kirche, erster Vertreter dieses Baustils in Litauen. Auch das Tor der Morgenröte, ein bedeutender Wallfahrtsort im Süden der Altstadt, gehört unbedingt auf deinen Reiseplan.
Die Litauen-Route endet schließlich auf einer etwas nachdenklichen Note mit einem Besuch im Museum der Opfer des Genozids, das sich in den ehemaligen Verhör-, Folter- und Hinrichtungsräumen von Gestapo und KGB befindet. Wenn du anschließend noch etwas Zeit übrighast und die Heimreise mit einem weniger flauen Gefühl in der Magengegend antreten willst, lohnt sich die 30 km lange Fahrt zur spektakulären Wasserburg von Trakai, einer der berühmtesten Sehenswürdigkeiten des Landes.
Danach geht es dann ab nach Hause – bis zum nächsten Trip. Denn in Litauen gibt es noch viel mehr zu sehen und wer einmal hier war, sagt bald schon wieder: Iki pasimatymo und bis zum nächsten Mal!
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