In der "Einraumwohnung" on Tour: Über ein selbstgebautes Reisemobil
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Alter der Kinder bei Abreise:
Klassische Camper? Eher nicht. Minimalisten? Auf keinen Fall. Van-Life-Verfechter? Bloß nicht. Was dann? Will man für Knut und Wiebke eine Schublade finden, so sucht man vergeblich.
Das Paar aus Oldenburg will vor allem eins: ihr eigenes Ding machen. Das gilt nicht nur im Alltag, sondern auch im Urlaub. Als es nach Jahren Zeit wurde für ein neues Wohnmobil, suchten sie lange und fanden nichts. Entweder gefielen ihnen die Modelle nicht oder es überstieg ihr Budget. Kurzerhand beschlossen die beiden, sich ein eigenes Reisemobil auszubauen.
Im Sommer 2015 fanden sie schließlich übers Internet das perfekte Fahrzeug dafür: einen ausrangierten Blumenkühllaster der Firma MAN. 347 Tage später war ihr neues Wohnmobil fertig, das sie "Einraumwohnung" tauften. Der rote kompakte Lkw änderte so Einiges in ihrem Leben: Plötzlich sind die beiden gefragte Speaker auf Messen und ein Hingucker auf Campingplätzen. Rund 80 Tage im Jahr leben die beiden in ihrer "Einraumwohnung", am liebsten irgendwo in der Natur.
Mit unserer Autorin haben Wiebke und Knut über ihre Leidenschaft fürs Campen gesprochen und verraten, wie sie die Rollenklischees unter Campern durchbrechen wollen.
PiNCAMP: Ihr beschreibt euch selbst als "absolut besessene Campingfamilie". Könnt ihr euch eigentlich an euren ersten gemeinsamen Campingurlaub erinnern?
Wiebke: (überlegt) Das war in Schweden, mit dem Bully. Vor gut 20 Jahren.
Knut: Da mussten noch den Sitz umbauen und mittags sind wir essen gegangen, weil in dem Multi-Van keine Küche drin war.
Wiebke: Der Bully gehörte Knuts Eltern. Zu dem Zeitpunkt war ich hochschwanger mit unserem Sohn und wir sind spontan für zehn Tage nach Schweden gefahren…
Knut: … und saßen abends in Göteborg auf einem Stein, um uns den Sonnenuntergang anzuschauen. Wir haben gesagt: Wir bleiben hier so lange hier sitzen, bis die Sonne untergeht – aber da haben wir die Rechnung ohne den schwedischen Sommer gemacht. Die Sonne ging erst um 2 Uhr nachts unter.
PiNCAMP: Was bedeutet Camping für euch?
Knut: Für mich: losfahren und nicht arbeiten. Wir haben alles dabei. Wir wissen, wer vorher in unserem Bett geschlafen hat. Egal, wo wir sind, wir stellen den Motor ab und sind zu Hause. Wir sind auch nicht die Campingplatz-Leute, wir sind eher Stellplatz-Leute.
Wiebke: Wir sind auf die Infrastruktur eines Campingplatzes nicht angewiesen, aber wir steuern Campingplätze an, weil wir gerne mit Leuten zusammen sind. Für mich fängt Camping aber schon an, wenn ich nur vor dem Wohnmobil sitzen kann, dabei ein Buch lesen oder aufs Wasser gucken…
Knut: … kochen…
Wiebke: … ja, du! Für mich ist campen auch Auto fahren.
Knut: Also, ich brauche nur in den Camper reingehen und habe schon ein gutes Gefühl.
PiNCAMP: Machst du das, auch wenn euer Wohnmobil zu Hause im Hof steht?
Knut: Ja.
Wiebke: Manchmal suche ich Knut hier im Haus und wenn ich ihn nicht finde, dann weiß ich, dass er da drin sitzt.
Knut: Sobald ich in der Einraumwohnung bin, setzt augenblicklich das Urlaubsgefühl ein. Und es macht mir natürlich immer noch Spaß, an und in der Einraumwohnung zu basteln.
PiNCAMP: Eure beiden Kinder sind schon groß. Sind sie auch so verrückt nach Camping?
Wiebke: Unser Sohn hat sich kürzlich ein Dachzelt gekauft. Er will mit dem Auto nach Schweden fahren und kann sich eigentlich nichts anderes vorstellen. Und unsere Tochter fährt nach wie vor gerne mit uns mit, am liebsten, wenn wir Städte wie Paris oder Hamburg ansteuern.
Knut: Wir fahren alle gerne irgendwo hin, aber nach zwei Tagen wollen wir weiterziehen. Das verbindet uns vier.
PiNCAMP: Hat euer Reisemobil auch einen richtigen Namen oder wird er bloß "Einraumwohnung" genannt?
Knut: Unsere Autos hatten noch nie Namen.
Wiebke: Er heißt mein MAN, mit einem N. (lacht)
PiNCAMP: Die handelsüblichen Reisemobile haben euch nicht angesprochen. Kurzerhand habt
ihr euch dazu entschlossen, euer eigenes Reisemobil auszubauen. Was war der entscheidende Impuls für dieses Projekt?
Knut: Für mich war es wichtig zu wissen, wo jedes Kabel entlang läuft und wo jede Leitung liegt, um nicht ausgeliefert zu sein, wenn mal was kaputt ist. Hinzukommt, dass unser Wohnmobil ein gutes Stück stabiler ist im Vergleich zu einem normalen Wohnmobil, da wir uns beim Ausbau an einem Wohnhaus orientiert haben. Wir haben zum Beispiel ganz normale Duscharmaturen eingebaut. Da merkt man schon ein Unterschied.
Wiebke: Mir hat die Inneneinrichtung vieler Reisemobile einfach nicht gefallen. Ich dachte mir: So wohne ich zu Hause nicht und so möchte ich auch nicht im Urlaub wohnen. Vieles entsprach nicht meinem Geschmack. Und ein Reisemobil zu kaufen, das individuell nach unseren Wünschen und Bedürfnissen hergestellt wird, hätten wir uns nicht leisten können.
PiNCAMP: Verratet ihr mir, wie hoch das Budget für die Anschaffung und den Ausbau war?
Knut: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leuten nichts mit den Zahlen anfangen können. Es gibt welche, die sagen: "Das ist doch Wahnsinn!" Andere wiederum sagen: Boah, ist das günstig! Fakt ist: Wir haben in der Einraumwohnung nur hochwertige Produkte verbaut, etwa die Heizung und den Kühlschrank. Der Lkw kostet, wenn man ihn jetzt gebraucht in der Qualität kaufen würde, um die 20.000 Euro. Und dann muss man noch rund 20.000 bis 60.000 Euro für die Inneneinrichtung kalkulieren. Das hängt von den eigenen Wohnbedürfnissen und Wünschen ab.
PiNCAMP: Warum war für den Ausbau des Lkw eine Kühlkabine wichtig?
Knut: Die Kühlkabine ist sehr stabil und isoliert gut gegen Kälte und Hitze.
Wiebke: Wir hätten auch einen Koffer kaufen können, der nicht isoliert ist. Dann hätten wir eben selbst noch isolieren müssen, was wiederum sehr kosten- und arbeitsintensiv gewesen wäre. Und ohne Isolierung geht nicht.
Knut: Zudem müssen die Möbel Halt haben. Die gängigen Möbelkoffer sind in der Regel ziemlich instabil, da hätten wir im Bereich Innenverkleidung noch sehr viel nachbessern müssen.
PiNCAMP: Was war während der Ausbauphase die größte Herausforderung?
Knut: Die Leitungen im Bad zu legen. Das Bad ist knapp 1 x 2 Meter groß. Auf dem kleinen Raum mussten wir Stromleitungen, Abwasser- und Frischwasserleitungen unterbringen. Wir haben mehrfach hin und her überlegt und auch einen Fachmann um Rat fragen. Das Bad haben wir uns bis zum Schluss aufgehoben. Wir haben uns immer drumherum
gemogelt.
Wiebke: Gerade weil wir eigentlich alles bis ins kleinste Detail geplant hatten, waren die Änderungen und die Lösungen für das Bad ein eher schwieriger Teil.
PiNCAMP: Habt ihr wirklich alles alleine gemacht?
Knut: Ja, bis auf die Gasleitungen mit entsprechender Gasabnahme, das Alupodest hinten im Koffer und die Polster, für die uns die Zeit nicht mehr reichte, haben wir tatsächlich alles selbst gemacht. Manche Dinge, wie etwa die beiden Heizkörper, haben mehr Zeit und Nerven in Anspruch genommen, als zuerst angenommen. Aber so ist das, wenn man etwas Neues wagt. Man muss sich erst einmal in einer Sache sicherer werden. Beim zweiten Mal geht es dann auch schneller.
PiNCAMP: Ihr habt zwar eine Einraumwohnung mit 15 Quadratmetern Wohnfläche, aber Minimalisten seid ihr keine. Auf Dauer auf so kleinem Raum zu leben, wäre nichts für euch, oder?
Wiebke: Knut sagt auch immer: Für ein Jahr, also eine Langzeitreise, könnten wir das ganz gut aushalten. Aber wir freuen uns auch immer, wenn wir von einer Reise wieder nach Hause kommen, auf unserem Fußboden barfuß laufen, unser Badezimmer und Dusche haben, wo das Wasser auch mal etwas länger laufen darf. Außerdem habe ich
hier in den Schränken mein Krimskrams mit meinen Schätzen.
Knut: Um das ganzen Haus herum liegt Strandgut: Hölzer, Muscheln, Steine, kleine Dekobojen…wir sind schon so Sammler. Keine Messis, aber Sammler.
PiNCAMP: Was bedeutet denn Komfort für euch?
Wiebke: Komfort beim Reisen heißt, dass wir überall stehen bleiben können, auch an Stellplätzen ohne Sanitäranlagen, da wir Dusche und Toilette dabei haben. Komfort ist auch, dass ich immer jemanden dabei habe, der für mich kocht.
PiNCAMP: Knut, bist du damit gemeint?
Knut: Ja. Ich koche gern im Urlaub.
PiNCAMP: Und was bedeutet dir Komfort, Knut?
Knut: Dass ich im Urlaub vorzugsweise nur mit einer Shorts bekleidet loslaufen kann, so gut wie nichts dabei habe und mich einfach frei fühle. Komfort ist außerdem, dass mich jemand durch die Gegend fährt. (lacht)
PiNCAMP: Wiebke, bist du damit gemeint?
Wiebke: Ja. Ich bin schon immer gern gefahren, das habe ich wohl im Blut.
Knut: Sie lässt mich alle zwei Monate mal fahren, damit ich das Fahrzeug sicher nach Hause bringen kann und ich es nicht verlerne, falls mal was passiert.
PiNCAMP: Auf Campingplätzen hat man ja oft den Eindruck, dass überwiegend die Männer am Steuer sitzen. Ihr zwei durchbricht damit Camper-Rollenklischees.
Wiebke: Unser Reisemobil ist acht Meter lang. Man gewöhnt sich dran! Ich glaube, irgendwann mache ich das mal zu meinem Auftrag: die Camper-Frauen anzuleiten, dass sie nicht immer nur Beifahrer sind, sondern selbst fahren. Frauen fahrt!
Knut: Wir ergänzen uns tatsächlich sehr gut. Wiebke parkt immer so ein, wie ich es ihr anzeige. Wir vertrauen uns da einhundert Prozent. So kommen wir immer überall rein.
Wiebke: Knut ist der beste Parkanweiser!
PiNCAMP: Was sind eure Pläne mit der Einraumwohnung in diesem Jahr?
Knut: Fest steht, dass wir über Ostern nach Südfrankreich fahren – mit unserem Beiboot: einem Anhänger mit Motorrad. Und im Sommer vielleicht nach Schweden…
Wiebke: … oder doch noch einmal in die Bretagne, so wie letztes Jahr. Und im Herbst dann ganz sicher nach Schottland.
Knut: Oder wir schmeißen alle Pläne mal wieder über den Haufen. Das können wir besonders gut!
Den Ausbau ihres Reisemobils haben Wiebke und Knut auf www.einraumwohnung.eu
dokumentiert. Dort zeigen sie auch eine 360-Grad-Innenansicht ihres selbst ausgebauten Campers.
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