Nachhaltiges Camping – Wie ein Pärchen für saubere Campingrouten kämpft
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Alter der Kinder bei Abreise:
Mit Kot und Müll fing alles an. Eigentlich wollten Juli (34) und Mike (48) alias „Die Roadies“ aus dem Kreis Recklinghausen die wilde Natur Portugals entlang der zahllosen Stellplätze entdecken. Doch stattdessen erlebten sie eine „Nach mir die Sintflut“- Mentalität einiger Camper. Aber auch an vielen Stränden Europas, an denen sie ausgedehnte Spaziergänge mit ihrem Hund Pan machten, sahen sie oft das gleiche Bild: Ölkanister, Plastikverpackungen und leere Flaschen statt feinem, unberührtem Sand – Müll, der von Strandbesuchern liegen gelassen oder aus dem Meer angespült wurde. Dieses Bild kennt und verdammt wohl jeder. Aber mal Hand aufs Herz: wie oft bleibt man in solchen Situation stehen und sammelt den Müll von anderen Menschen auf? Genau, so gut wie nie.
Für die Fotografin und den Musikproduzenten war umdrehen und weglaufen aber keine Option. Seit rund zwei Jahren sammeln die beiden bei jedem Spaziergang konsequent Müll ein. Mit ihrem Herzensprojekt BashTrash-Bag – eine schicke Jutetasche, die das Potenzial hat, die Welt ein Stückchen besser zu machen – wollen sie andere motivieren es ihnen gleich zu tun. Mit unserer Autorin hat das Camper-Pärchen über nachhaltiges Camping, ihre Leidenschaft für Wohnmobil-Reisen und ihr Herzens-Projekt gesprochen.
Ihr seid konsequente Müllsammler, wenn ihr auf Reisen seid – wie kam es überhaupt dazu?
Juli: Egal, an welchem Strand wir mit dem Hund spazieren waren: überall lag Müll. Entweder wurde es angespült oder die Leute haben ihren Müll liegen gelassen. Wir fanden das so schlimm. Wir versuchen einen Platz sauberer zu hinterlassen, als wir ihn vorgefunden haben. Wenn das jeder machen würde, wäre es wesentlich schöner. Aber nicht nur Strandbesucher, auch manche Camper hinterlassen Müll. Als wir in Portugal durch den Wald spaziert sind, lagen da Campingstühle, alte Grills und jede Menge Kackhaufen. Das muss man mal so deutlich sagen. Und das verstehe ich einfach nicht. Wer keine Toilette in seinem Campingbus hat, kann seine Fäkalien wenigstens vergraben oder richtig entsorgen.
…und ihr seid sicher, dass das keine Hundehaufen waren?
Juli: Ja, die waren von Menschen.
Mike: Die Kackhaufen in der freien Natur sind wirklich ein großes Problem. Wir haben damals einen Facebook-Beitrag veröffentlicht und ausgerechnet, wie viel Müll man damit hinterlässt und wie viel Toilettenpapier das auf das Jahr hochgerechnet ist: Mehr als 200 Tonnen Scheiße und rund 60 Tonnen Toilettenpapier liegen in der freien Natur. Dabei gibt es inzwischen sehr kluge Lösungen, wie man sein Geschäft beim Campen umweltfreundlich erledigt. Die sauberste Lösung für Leute, die sich zum Beispiel einen Van ausbauen, ist die Trenntoilette, auch composting toilet genannt. Jedoch haben viele, die sich einen Van spartanisch ausbauen, oft nicht das Geld dafür oder wollen den Platz sparen. Für kleinere Budgets gibt es spezielle Beutel. Die hängt man in eine Toilettenbrille ein, erledigt darin sein Geschäft, dann Beutel zu und ab damit zum nächsten Mülleimer. Der Beutel ist zu 100 Prozent biologisch abbaubar.
Was für den Hundehaufen gilt, gilt auch für Herrchens Haufen.
Mike: So ist es. Wichtig ist aber, dass man keine Feuchttücher benutzt. Die sind super schädlich für die Umwelt. In vielen Tüchern steckt Plastik drin und sie sind nicht abbaubar.
Juli: Auch beim Toilettenpapier kann man darauf achten, eine umweltfreundliche Variante mit in den Campingurlaub zu nehmen.
Mike: Das Schlimmste, was Camper machen können, ist Chemie in die Kastentoilette ihres Wohnmobils zu kippen, die Kastentoilette voll zu machen und dann den gesamten Inhalt in die Natur zu entsorgen. Dann hat man nicht nur das Toilettenpapier und die Scheiße, sondern auch noch die Chemie in der Umwelt. Auch für die Kastentoilette gibt es biologisch abbaubare Produkte, die vielleicht zwei Euro mehr kosten, aber die Natur nicht gefährden.
Juli: Sollte man trotzdem nicht in die Natur kippen.
Mike: Das sollte ja eigentlich jedem klar sein.
Man spürt, dass das ein emotionales Thema für euch ist. Habt ihr das Gefühl, dass Menschen das Thema Nachhaltigkeit ernster nehmen müssten?
Juli: Ja, und ich habe oft auch das Gefühl, die meisten Menschen interessiert es gar nicht, was nach ihnen passiert. Die machen dann Urlaub und denken überhaupt nicht nach, was sie an Müll produzieren und wie sie den Ort hinterlassen, an dem sie waren. Es gibt da so ein Zitat, welches ich mir zu sehr Herzen nehme: ”Hinterlasse nichts als Fußspuren.” (Anm. d. Red.: gesagt von Häuptling Seattle, einem bekannten indianischen Häuptling des 19. Jhdt.).
So möchten wir leben und reisen.
Mike: Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, aber es wäre ein großer Fortschritt, wenn jeder mindestens seinen Müll richtig entsorgen würde und dann noch zwei weitere Teile aufhebt.
Dazu hattet ihr in Schottland ein Schlüsselerlebnis. Erzählt mal.
Mike: An einem Strandabschnitt in Schottland waren am Mülleimer drei Zangen und Müllbeutel befestigt. Auf einem Schild stand: Pick up three pieces (dt: Hebe drei Müllteile auf). Die Leute kamen vorbei, schnappten sich Zange und Beutel, gingen spazieren und kamen mit einem vollen Beutel Müll zurück, den sie über den Mülleimer entsorgten.
Juli: Das hat uns beeindruckt. Und wir dachten: Wenn jeder Spaziergänger drei Sachen einsammeln würde, wäre der Platz viel sauberer. Nach kurzer Zeit war unser Beutel voll, aber am Strand lag noch jede Menge Müll – so kamen wir auf die Idee mit der BashTrash-Tasche. Die ist schön groß, hat lange Henkel, man kann sie also auch auf der Schulter gut tragen und kann selbst größere Teile aufsammeln, z. B. leere Ölflaschen. Die Tasche ist innen abwaschbar, sie kann auch als Strandtasche oder zum Einkaufen genutzt werden. Man kann sie über unsere Website bestellen.
Mike: Wir spenden den Erlös jeder verkauften Tasche an das Projekt „The Ocean Cleanup“. Das Team um den Gründer Boyan Slat hat vor wenigen Jahren ein System entwickelt, das Plastikmüll aus dem Meer fischt. Im Moment sammeln die einen Müllteppich vor der Küste Kaliforniens ein, der bis zu viermal so groß ist wie Deutschland.
Das ist eine Menge Müll… Ist das Ignoranz oder Unwissen der Menschen? Vielen fehlt es an Informationen zu dem Thema – oder noch besser: die eigene Erfahrung oder Konfrontation damit, vor allem wenn es um den eigenen Müllverbrauch und ein umweltfreundlicheres Leben geht. Würdet ihr sagen, dass Camping euch die Problematik mehr vor Augen geführt hat?
Juli: Ja, definitiv. Man nimmt viel mehr wahr, wie viel Müll man am Tag oder in einer Woche produziert, wenn man mit dem Wohnmobil unterwegs ist. Ich habe ein besseres Gefühl dafür bekommen, wie viel Müll in der Tonne landet. Wir stellen uns immer die Frage: Was können wir beitragen?
Mike: Daraus ist nun auch die Idee für ein neues BashTrash-Projekt entstanden. Wir würden gerne mit Supermarktketten zusammenarbeiten und statt der Einweg-Plastiktüten in den Obst- und Gemüseregalen kleine, verschließbare Beutel mit Kordel anbieten, die dann auch mehrfach benutzt werden können.
Juli: Die gibt es zum Beispiel in Skandinavien schon überall zu kaufen – bei uns sind die noch ein Nischenprodukt, aber kommen immer mehr.
Sprechen wir noch über die Liebe – wie habt ihr eure Liebe zum Campen entdeckt?
Juli: Ich habe das Campen über Mike kennengelernt.
Mike: Sie hat ihre Liebe zum Wohnmobil über ihre Liebe kennengelernt. (lacht)
Was fasziniert euch daran?
Juli: Ich dachte ja immer, Wohnmobilreisen sind nur was für Oma und Opa. Eines Tages sagte Mike zu mir: ”Komm, wir probieren das mal und wenn es dir nicht gefällt, dann verkaufen wir das Teil wieder.” Mike hatte zu der Zeit bereits ein eigenes Wohnmobil. Ich wollte schon immer mal nach Schottland, also sagte ich ja.
Und wie war der erste Urlaub mit dem Wohnmobil für dich?
Juli: Ich war total begeistert! Dazu muss ich auch sagen, dass ich zuvor noch nie mit jemandem zusammen gewohnt habe. Ich mochte gerne viel Ruhe und Zeit für mich. Und plötzlich waren wir zu dritt – Rideback-Dogge-Mix Pan reist immer mit – auf rund 15 Quadratmetern. Drei Wochen lang. Es so hat so gut funktioniert, dass ich zu Mike gesagt habe: Okay, dann könne wir auch zu Hause zusammen ziehen.
Das war quasi der Härtetest.
Mike: Lustigerweise verstehen wir uns besser, wenn wir im Wohnmobil auf kleinem Raum zusammen sind, als hier in unserem großen Haus in Oer-Erkenschwick.
Juli: Ich glaube, das liegt vor allem am Alltagsstress. Wir arbeiten zwar auch viel von unterwegs aus, aber da fühlt es sich gar nicht so sehr nach arbeiten an. Beim Campen kann ich quasi im Schlafanzug den Sonnenaufgang fotografieren.
Mike: Das hat sie dann auch gemacht. Im Schlafanzug raus, Sonnenaufgang fotografiert, und dann wieder ins Bett, nochmal zwei, drei Stunden geschlafen und dann gemütlich gefrühstückt.
Das klingt ja herrlich! Mike, seit wann bist du Camper?
Mike: Schon seit 2007. Damals bin mit dem Wohnmobil zum Nordkap hochgefahren. Danach habe ich erstmal nur noch kleine Touren gemacht, weil mir noch die richtige Partnerin gefehlt hat.Dann kam Juli und es ging richtig los.
Und euer Hund Pan?
Juli: Pan war schon da – das war der eigentliche Grund, warum wir zusammengekommen sind. (lacht) Auch der Hund liebt das Wohnmobilreisen. Man sagt, dass große Hunde viel Platz brauchen, aber das stimmt überhaupt nicht. Er ist so glücklich, wenn wir alle drei auf so engem Raum zusammen sind – Hauptsache das Rudel ist zusammen! Und wenn wir nach einer Reise wieder zu Hause in unserem Haus sind, fühlt er sich anfangs ein bisschen verloren.
War war eure schönste Campingerfahrung?
Juli: Meine schönste Erfahrung hatte ich ganz alleine. Ich bin früh aufgestanden, um 5 Uhr zum Sonnenaufgang und der Himmel war feuerrot – so einen geilen Sonnenaufgang habe ich noch nie gesehen. Das war in Dänemark an unserem Lieblingsplatz – der hier nicht verraten wird. Ich habe angefangen zu fotografieren und plötzlich robbt eine kleine Babyrobbe neben mir vorbei ins Wasser. Das war ziemlich cool.
Mike: Wir hatten auf jeder unserer Reisen Highlights…
Juli: Ich wollte unbedingt Elche sehen. Bei unserer ersten Tour durch Norwegen: nichts. Kein einziger Elch weit und breit. Und letztes Jahr fahren wir eine Straße entlang und auf einmal galoppiert eine riesige Elchkuh neben dem Wohnmobil entlang.
Mike: Sie hat uns quasi überholt und ist vor uns über die Straße gerannt.
Und wo geht eure nächste Reise hin?
Mike: Wenn die Situation es erlaubt, fahren wir von Januar bis März nach Griechenland und besuchen Freunde, die im Lockdown mit ihrem Wohnmobil feststecken.
Danke für das Gespräch, ihr beiden. Und bleibt gesund!
_Titelbild: © Die Roadies
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