„Ich liebe den internationalen Charakter auf dem Campingplatz“
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Alter der Kinder bei Abreise:
Campingplatz statt Verwaltung: Vor rund 15 Jahren hat Massimo Battaglio Anzug und Krawatte gegen kurze Hose und T-Shirt getauscht. Der Jobwechsel damals war eine absolute Herzensentscheidung, erzählt der 47-jährige Client Manager des Campingplatzes Marina di Venezia.
Der 5-Sterne Campingplatz befindet sich in Punta Sabbioni, direkt am Meer auf der Landzunge von Cavallino-Treporti, zwischen Venedig und Lido di Jesolo. Mit einem Aquapark für Groß und Klein, einer eigenen Shoppingpromenade, Restaurants und vielem mehr ist Marina di Venezia der größte Campingplatz auf der Halbinsel Cavallino-Treporti – und ähnelt einer Freizeit-Kleinstadt. Das ist der Arbeitsplatz des gebürtigen Südtirolers Massimo Battaglio, der neben Italienisch auch Deutsch und Englisch fließend spricht.
Er ist Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte der Campingurlauber, aber auch deren Wünsche. Und so kommt es schon mal vor, dass sich der Client Manager kurzerhand in ein Hobbypfarrer verwandelt, wenn deutsch- und englischsprachige Pärchen mit den Füßen im Sand ihr Eheversprechen erneuern möchten. „Das sind Geschichten, die bleiben“, erzählt Battaglio im Interview mit unserer Autorin.
Herr Battaglio, Marina di Venezia ist mit 2.080 Standplätzen für Urlauber der größte Campingplatz auf der Halbinsel Cavallino-Treporti.
Massimo Battaglio: Ja, wir sind eine kleine Stadt. Mit 80 Hektar ist unser Campingplatz riesig. Wir haben ein Dorfzentrum mit Shoppingpromenade. Dort gibt es alle Geschäfte, die der Urlauber braucht: Bäckerei, Supermarkt, sogar ein Fischladen, wo die Gäste frisch gefangenen Fisch kaufen können. Wir bieten verschiedene Restaurants auf dem Gelände an und es gibt zwei Eisdielen, die das Eis hier vor Ort selber machen. Besonders beliebt ist unser Aquapark mit den verschiedenen Schwimmbecken inklusive Whirlpools. Wir haben in den vergangenen Jahren viel dazu gebaut, umgebaut und renoviert. Gäste, die in den letzten zehn Jahren oft hier waren, würden vermutlich sagen: Der Campingplatz hat ein anderes Gesicht bekommen. Wir haben viel gewagt.
Erzählen Sie mal.
Battaglio: Wir haben zum Beispiel die 300 Meter lange Fußgängerpromenade mit Friseur, Fotogeschäft und Showbühne erneuert – das war ein Monsterprojekt. Davor haben wir den Eingangsbereich sowie die Rezeption inklusive Krankenstation neu gemacht. In all diesen Projekten haben wir mit dem Star-Architekten Matteo Thun zusammengearbeitet. Mit ihm haben wir auch neue Unterkünfte sowie ein neues Restaurant realisiert. Die Idee war, etwas zu erschaffen, wofür wir möglichst wenig Bäume fällen müssen.
Eine Zusammenarbeit mit Matteo Thun war hierfür perfekt. Denn er versteht es, die Architektur der Natur anzupassen. Er spricht von botanischer Architektur. Das heißt, der Mensch passt die baulichen Maßnahmen an die Natur an und nicht umgekehrt, wie das ja oft der Fall ist. Zudem kennt Thun Italien sehr gut und er weiß, was das deutschsprachige Publikum vom Stil her mag – das ist auch unsere größte Zielgruppe. Rund 60 Prozent unserer Gäste kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Wohnen Sie selbst auch in dieser kleinen Stadt am Meer?
Battaglio: Bis 2015 habe ich im Sommer wie im Winter auf dem Campingplatz gewohnt. Aber nun habe ich für den Winter eine Wohnung in der nächsten Ortschaft. Während der Saison, Pfingsten bis September, beziehe ich meine Unterkunft auf dem Campingplatz. Hier habe ich eine 1-Zimmer-Wohnung mit kleinem Garten.
Und seit wann ist der Campingplatz Ihr Arbeitsplatz?
Battaglio: Das erste Mal war ich 1998 hier, ich war noch Student. Damals war ich Platzmeister und habe mit dem Fahrrad meine Runden gedreht. Ich hatte viel Kontakt mit den Gästen. Das hat mir schon immer gefallen. Das war in den Sommermonaten der Jahre 1998, 1999 und 2000 – eine sehr schöne Zeit. Nach meinem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete ich zunächst in einer Bank in Südtirol. Drei Jahre lang. Es folgte ein Job im Automobilsektor im Bereich internationale Schadens- und Regulierungshilfe und schließlich ein Verwaltungsjob an einer Universität in Südtirol.
In all diesen Jahren ist der Kontakt zum Campingplatz nie abgebrochen. Jedes Jahr habe ich hier ein verlängertes Wochenende verbracht. Als es dann einen Generationswechsel beim Personal gab, bot man mir die Stelle als Client Manager an. Zeitgleich kam dann noch ein Angebot von einer Bank in Mailand. Ich packte meine Sachen und fuhr los. Die Entscheidung traf ich erst auf dem Weg. Als ich in Verona war, stand ich buchstäblich an einer Weggabelung: Biege ich rechts ab, erwartet mich Mailand und der Job in der Bank. Biege ich links ab Richtung Venedig, ist da der Campingplatz, das Meer und die lockere Atmosphäre.
Die Entscheidung für den Job hier kam von Herzen. Ich hatte keine Lust mehr auf Bürokratie und vor allem nicht mehr auf Anzug und Krawatte. Am 8. Mai 2006 bin ich dann hierher gekommen und seitdem geblieben. Dieses Jahr feiere ich mein 15-jähriges Jubiläum.
Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag bei Ihnen aus?
Battaglio: Normalerweise beginnt mein Tag um 7 Uhr morgens und endet gegen 19 oder 20 Uhr. Neben den organisatorischen Aufgaben, die täglich anfallen, bestimmen die Gäste weitestgehend den Tagesablauf.
Nun sind Sie rund um die Uhr auf dem Campingplatz. Wie verbringen Sie Ihren Feierabend?
Battaglio: Oft ist es so, dass ich nach einem Tag, an dem ich mit gut 100 Menschen in Kontakt war, abends meine Ruhe will. Ich ziehe mich dann gerne zurück und suche mir ein ruhiges Eck in einem der Restaurants. Ich bin sehr gerne unten am Strand. Dort kann ich dann gemütlich ein Glas Wein oder ein Cocktail genießen. Gegen Abend ist es dort ruhiger. Die meisten Gäste halten sich um die Zeit eher im Zentrum auf, wo die Showbühne ist. Manchmal schnappe ich mir auch noch das Stand-up Paddling Board und paddel aufs Meer hinaus. So tanke ich wieder Kraft für den nächsten Tag.
Das ist bestimmt wichtig – Sie müssen ja auch immer freundlich sein. Ist das nicht manchmal anstrengend?
Battaglio: Mir wird nachgesagt, dass ich eine sehr ruhige Person bin. Ich versuche, dass alles perfekt abläuft, das gelingt nicht immer. Wissen sie, lächeln und freundlich sein, das kann man nicht unbedingt erlernen – entweder man hat es oder nicht. Ich glaube, der Gast würde es merken, wenn das Lächeln nur vorgetäuscht wäre. Ich versuche stets sehr offen zu sein und vor allem zuzuhören. Ich kann jedoch auch nicht überall sein, aber ich habe ein super Team! Auf die richtige Einstellung kommt es an. Gäste, die ankommen, sind auch nicht immer gut gelaunt. Teilweise haben Familien zehn Stunden Autofahrt hinter sich und quengelnde Kinder auf den Rücksitzen – da ist ein Lächeln von unserer Seite aus sehr, sehr wichtig.
Was mögen Sie an Ihrem Job?
Battaglio: Camping ist ja eine Urlaubsform, wo man sich kennt und sich sozialisiert. Ich selbst habe noch Kontakt zu Campern aus der Zeit, als ich Platzmeister war. Diese Gäste sind mittlerweile über 90 Jahre alt und können leider nicht mehr mit dem Wohnmobilanreisen. Aber die nächsten Generationen tun es, deren Kinder und Enkel. Ich liebe auch den internationalen Charakter auf Marina di Venezia. Aus allen Teilen Europas treffen sich die Menschen in entspannter Atmosphäre.
Die bunte Mischung an Sprachen ist toll – das liegt mir, weil ich selbst mit mehreren Sprachen aufgewachsen bin. Und viele Kontakte, die hier entstehen, sind sehr herzlich. Ein Campingpärchen aus Wuppertal, das früher jedes Jahr hier Urlaub gemacht hat, jetzt aber schon zu alt ist, schickt mir fast täglich ein „Buona notte“ oder ein „Buongiorno“ per WhatsApp. Früher riefen sie immer ganz laut in die Rezeption hinein: „Buongiorno!“. Das kann man nur in der Campingwelt erleben.
Haben Sie noch eine weitere Geschichte?
Battaglio: Ein Herr, der leider schon verstorben ist, erzählte mir eines Tages, dass er für einen großen Konzern in Deutschland arbeitet und er dort einer der fünf wichtigsten Positionen europaweit inne hat. Er sagte zu mir: „Ich bin jeden Tag in Anzug und Krawatte und gehe von einem Hotel ins andere. Wenn ich hier bin, weiß niemand wer ich bin. Ich kann frei in Badehose herumlaufen.“ Unternehmer wie er, aber auch Ärzte oder Wirtschaftsberater, die mit Wohnmobilen im Wert von einer Million Euro anreisen, grillen dann mit ihrem Nachbarn, der ein kleines Oldiemobil hat.
Das ist vermutlich diese gewisse Freiheit, die viele am Campen so lieben. Die Rolle, die man im Alltag einnimmt, legt man auf dem Campingplatz ab.
Battaglio: Ganz genau. Das ist ein magischer Effekt. Ich sage immer: Es braucht eigentlich keine Regeln. Jeder sollte einfach nur ein bisschen Rücksicht auf den anderen, auf seinen Nachbarn nehmen. Wenn man so die goldene Mitte findet, kann jeder einen schönen Urlaub verbringen.
Und haben Sie das Gefühl, dass das den Gästen gelingt?
Battaglio: Es gibt durchaus eine goldene Mitte. Klar kommen auch neue Generationen, die das so noch nicht kennen. Vor allem seit der Pandemie hat Urlaub auf dem Campingplatz an Beliebtheit gewonnen. Für viele ist es der erste Campingurlaub überhaupt. Ich gehöre übrigens auch dazu.
Sie selbst waren noch nie campen?
Battaglio: Ich war vor ein paar Jahren das erste Mal in meinem Leben campen. Damals bin ich mit einem Wohnmobil nach Spanien gefahren. Eigentlich sollte ich ja wissen, was man so alles für einen Campingurlaub braucht oder wie man sich auf einem Campingplatz bewegt – aber ich war ein totaler Neuling. (lacht) Beispiel: Kassettenentleerung. Ich dachte, eine Kassette wird im Sanitärhaus entsorgt. Aber dort konnte ich nichts finden. Zurück im Wohnmobil, habe ich gewartet, bis ich einen Camper sehe, der seine Kassette leeren muss. Ich bin ihm gefolgt und so habe ich den Automaten entdeckt. Münze einwerfen, Kassette rein, Knopf drücken und dann ist alles picco bello sauber. Das war super einfach! Und bei Besteck, Teller und so weiter – da musste ich mir doch so einiges von meinen Nachbarn ausleihen. Aber so kam ich mit anderen Campern ins Gespräch. Das war eine schöne erste Campingerfahrung.
Wie verbringen Sie sonst Ihren Urlaub?
Battaglio: Wenn ich reise, will ich Kultur und Essen erleben. In der Zeit vor Corona war ich zweimal in Japan, jeweils einen Monat lang. Die japanische Kultur fasziniert mich. Ich reise auch gerne, um zu essen. In Sizilien habe ich eine Restaurant-Tour mitgemacht, Weinkeller und Weingüter besucht – gutes Essen und guter Wein sind meine Leidenschaften.
Seit 15 Jahren haben Sie mit Campern zu tun – welche lustige Geschichte können Sie noch mit uns teilen?
Battaglio: Als wir 2008 den Aquapark gebaut haben, war das Interesse riesig. Wir hatten einen starken Andrang an Campinggästen, aber konnten nicht jedem gleich einen Standplatz geben. Die Gäste mussten warten und so bildete sich außerhalb des Campingplatzes eine Straße aus Wohnmobilen. Am Abend packte einer der Gäste seine Gitarre aus und fing vor seinem Wohnmobil an zu spielen. Sofort kamen andere Camper dazu und sangen mit.
Ein anderes Mal kam ein Gast zu mir und sagte: Hey, ich bin schon seit zehn Tagen hier und wir haben uns noch nicht gesehen! Er hatte mir eine Kiste Wein aus Österreich mitgebracht, weil er wusste, dass ich ein Weinliebhaber bin.
Wir organisieren auch seit Jahren die Erneuerung des Liebesversprechens am Strand. Für alle deutsch- und englischsprachigen Paare mache ich das. Ich treffe das Paar zuvor und wir besprechen das Ganze. Dann stehe wie ein Pfarrer am Strand vor dem Blumenbogen mit dem Paar und halte die Zeremonie ab. Ich kriege immer Gänsehaut, wenn sich Paare ihr Gelübde einander sagen. Das sind sehr besondere Momente im meinem Job.