„Ich bin von Kindesbeinen an mit Camping verbunden gewesen“
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Kinder
Alter der Kinder bei Abreise:
Familienunternehmen stehen vor so mancher Herausforderung – eine der größten ist dabei die Nachfolge. Wer übernimmt einmal den Betrieb? Diese Frage stellt familiengeführte Unternehmen oft vor eine Zerreißprobe, denn nicht immer wollen der Sohn oder die Tochter mit einsteigen, wenn das dem persönlichen Interesse widerspricht. Beim Campingplatz Wulfener Hals auf der Ostseeinsel Fehmarn ist das zum Glück kein Thema mehr. Der größte Campingplatz auf der Insel bietet insgesamt neben 270 Dauerplätzen auch 410 Standplätze für Urlauber sowie 170 Mietunterkünfte und sorgt mit einem umfangreichen Sport-, Animations- und Freizeitangebot für ein clubähnliches Ferienerlebnis. Der Platz ist daher besonders bei Familien mit Kindern sehr beliebt.
Geschäftsführer Volker Riechey konnte seinem Sohn Malte schon vor acht Jahren die Nachfolge schmackhaft machen. Mit ihm ist nun die dritte Generation an Bord – ans Aufhören denkt der 74-jährige Unternehmer aber noch nicht, wie er erzählt. Im Interview mit unserer Autorin spricht der leidenschaftliche Golfer über das Camping-Geschäft und verrät, weshalb der Corona-Winter so arbeitsintensiv war.
Herr Riechey, der Camping- und Ferienpark Wulfener Hals ist durch und durch ein Familienbetrieb. Wie hat das eigentlich alles angefangen?
Volker Riechey: Meine Eltern haben den schon 1957 entstandenen „Wulfener Hals“ auf der Insel Fehmarn 1967, kurz nach Fertigstellung der Vogelfluglinie, übernommen. Er war damals noch sehr einfach ausgestattet. Auch aufgrund eigener langjähriger Familiencamping-Erfahrung merkten meine Eltern schnell, wo Investitionen zu tätigen sind und haben damit den Grundstein für das heutige Unternehmen gelegt.
Und war es schon immer Ihr Wunsch, ins Campinggeschäft einzusteigen?
Riechey: Ich bin der älteste Sohn, insofern war das schon auch Teil der Familientradition, dass man sich verantwortlich fühlt, das weiterzumachen, was die Eltern aufgebaut haben. Aber ich bin von Kindesbeinen an mit Camping verbunden gewesen. Meine Eltern waren mit uns Kindern campen, außerdem habe ich schon früh hier mitgearbeitet und ausgeholfen. Man kann sagen, ich bin mit dieser Arbeit und dieser Branche aufgewachsen. Nach meinem Studium der Volkswirtschaft bin ich 1974 voll ins Unternehmen eingestiegen. 1986 habe ich zunächst alleine weitergemacht. Mit der Zeit habe ich das zu meinem Ding gemacht. Mit der Gründung der eigenen Familie kamen auch neue Erfahrungen dazu, was Ferien und Urlaub angeht, und damit verbunden auch neue, eigene Ideen und Konzepte, die wir dann umgesetzt haben. Ich denke, das ist uns gut gelungen.
Haben Sie ein Beispiel?
Riechey: Ich glaube, wir waren einer der ersten Campingplätze, die Animation und Abendveranstaltungen angeboten haben. Es gab zu der Zeit nur wenige Campingbetriebe in Deutschland, die ähnliche Wege gegangen sind. Inzwischen haben wir ein umfangreiches Sport- und Freizeitprogramm, viele Gastronomieangebote und können den Gästen somit clubähnlichen Urlaub anbieten.
Ihr Sohn ist auch Mitglied der Geschäftsführung. Sie könnten doch jetzt auch entspannt Ihren Ruhestand genießen, oder?
Riechey: Ich bin zwar schon 74 Jahre alt, aber noch voll dabei. Es macht mir immer noch Spaß – und solange mir die Arbeit Spaß macht, denke ich noch nicht ans Aufhören. Es soll aber schon etwas ruhiger werden, damit mehr Zeit für die Familie und die Enkel verbleibt. Ich bin froh, dass mein Sohn mit an Bord ist, denn die größte Herausforderung für ein mittelständisches Unternehmen besteht ja darin, die Nachfolge zu sichern. Es geht dabei nicht nur um uns, wir tragen auch Verantwortung für unsere Mitarbeiter und unser Umfeld auf Fehmarn. Auf dem Campingplatz „Wulfener Hals“ arbeiten insgesamt in der Spitze mehr als 120 Menschen. Etwa so viele sind es auch bei unserem Schwesternunternehmen Haveltourist in der Mecklenburgischen Seenplatte mit dem Vorzeigeplatz Havelberge. Anfang der 90er-Jahre wollte ich auch ein Standbein in der sich abzeichnenden aufstrebenden Tourismusregion Mecklenburg-Vorpommern haben und beteiligte mich dort an dem Aufbau und der Entwicklung des Unternehmens. Natürlich erfolgte auch Technologie und Ideen-Transfer. Haveltourist wird vor Ort von meinem Zwillingsbruder, dem ehemaligen Unternehmensberater Dr. Gunter Riechey, geleitet. Auch seine Söhne sind bereits im Unternehmen eingebunden.
Und wann war der Moment, wo Sie gedacht haben: Camping muss mehr bieten als
nur einen Stellplatz?
Riechey: Das fing schon 1976 an, kurz nach meinem Einstieg in das Familienunternehmen. Gemeinsam mit einem Freund, der Surffreak war, entwickelten wir auf dem Platz eine Surfschule. Wir erkannten nämlich, dass der Burger Binnensee ideal zum Surfen ist. Inzwischen ist dort eines der größten Surf- und Kite-Center Europas. Seit Mai 2021 gibt es auch eine Wakeboard-Anlage. Sie befindet sich direkt vor dem Platz, wird aber nicht von uns betreut. Dann kam das Reiten hinzu. Wir haben eine eigene Reitanlage und kooperieren mit einem Reiterhof in der nächsten Ortschaft. Besonders beliebt und geschätzt ist unser Freizeitangebot inklusive Kinder-Animation. Es soll sich niemand langweilen. Die Idee ist, dass jeder in der Familie seinem Hobby nachgehen kann und natürlich auch die ganze Familie was zusammen machen kann.
Und wo holen Sie sich die Inspiration für neue Ideen?
Riechey: Im eigenen Urlaub mit der Familie. Neben Campingurlaub haben wir oft auch Cluburlaub gemacht. Wenn wir Urlaub machen, beschäftigt uns auch immer die Frage: Was machen andere Tourismus-Branchen? Wichtig ist auch, zu überlegen, wie wir die Auslastung auch außerhalb der Sommermonate erhöhen können. Das kann man erreichen, indem man entsprechende Angebote macht. In vielen Dingen waren wir Vorreiter. So haben wir zum Beispiel schon früh mit Live-Musik angefangen. Gäste erleben bei uns Shows,wo sie auch miteinbezogen werden. Auch die Gastronomie haben wir immer wieder erweitert und verbessert. Der Campingplatz und die Angebote sind im ständigen Wandel. Wir haben sogar ein eigenes Kinderbuch herausgebracht, das meine Schwiegertochter realisiert hat.
Bei Ihnen kann man auch golfen – Camping und Golf ist eine eher untypische Kombi.
Riechey: Das mag sein, aber eigentlich ergänzt sich beides sehr gut. Die Idee zu einem eigenen Golfplatz hatte ich vor über 30 Jahren. Damals wurde diese Fläche noch landwirtschaftlich genutzt. Heute steht dort ein 18-Loch-Golfplatz. Er hat sich gut entwickelt, inzwischen haben wir dort 1.240 Mitglieder. Rund 40 Prozent der Gastspieler kommen von unserem Campingplatz. Das heißt, es hat funktioniert: auch Camper golfen – hat damals kaum einer für möglich gehalten. Das Interessante ist ja: Diejenigen, die früher surfen waren, golfen heute. Mit zunehmenden Alter verlagert sich das scheinbar.
War das bei Ihnen auch so?
Riechey: Ja, früher bin ich auch viel gesurft und inzwischen golfe ich mehr. Es ist ein toller Sport, der mich entspannt und mir dabei hilft, abzuschalten.
Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag bei Ihnen aus?
Riechey: Ich fange um 8 Uhr morgens an, nachmittags golfe ich öfter und abends ist auch Gastronomie angesagt, um mal nach dem Rechten zu schauen. Im Moment habe ich volles Programm.
Kommt es schon mal vor, dass Sie selbst auch auf dem Campingplatz übernachten?
Riechey: Früher ja, aber jetzt wohnen wir außerhalb des Platzes. Bei der Größe der Anlage muss man auch mal abschalten können. Wir haben aber noch einen eigenen Wohnwagen auf dem Platz, auf dem wir uns gern mal mit den Enkelkindern zurückziehen, um die tollen Spielplätze oder die Ostsee zu nutzen und Camping schnuppern zu können.
Wie und wo verbringen Sie Ihren Urlaub?
Riechey: Viel Urlaub gibt es nicht. Wir verreisen eher im Herbst, wenn es bei uns etwas ruhiger geworden ist und machen auch Skiurlaub über Weihnachten und Silvester. Allerdings hat sich inzwischen am Wulfener Hals auch in den Weihnachtsferien die Gästezahl deutlich erhöht Wir verreisen eher im Herbst und machen auch Skiurlaub über Weihnachten und Silvester. Allerdings hat sich inzwischen an Weihnachten und Silvester ein weiteren Standbein entwickelt. Vor Corona hatten wir über Silvester Vollauslastung – erstaunlich für unsere Region. Es waren viele Stammgäste, insbesondere Wohnmobilisten, die auch in der kalten Jahreszeit zu uns kamen. Das fiel im letzten Jahr leider aus.
Wie sehr hat Sie die Pandemie getroffen?
Riechey: Es war eine sehr große Herausforderung, verbunden mit vielen Unsicherheiten. Wir wussten nicht: Wie geht es weiter? Wann kann der Betrieb wieder öffnen? Wir haben viel Arbeitskraft reingesteckt über die Verbände – mein Bruder und ich sind auch im Bundesverband der Campingwirtschaft aktiv. Es ging darum, das Interesse der Campingunternehmer gegenüber der Politik zu artikulieren.
Und wurden Sie gehört?
Riechey: Ja, erstaunlicherweise. Wir waren auch in der Arbeitsgruppe drin, die die Hygienekonzepte erstellt hat. Es gibt aber bis heute Dinge, die wir nicht ganz nachvollziehen können. Im vergangenen Jahr war etwa Camping wieder erlaubt, die Duschen mussten aber zu bleiben. Für unsere Gäste, die über Pfingsten und Christi Himmelfahrt da waren, war das sehr herausfordernd. Duschen konnte sich nur, wer mit autarker Versorgung da war, also mit Wohnwagen oder Wohnmobil. Die Toiletten waren zugelassen, aber Duschen nicht, weil das „Gemeinschaftseinrichtungen“ seien und es wurde befürchtet, dass die Aerosole sich so verbreiten würden. Dem war nicht so. Wir hatten sogar von einem Infektiologen mit Professur ein Gutachten erstellen lassen, dass in unseren abgeteilten Dusch-/Waschkabinen mit eigener Lüftung die Nutzung unbedenklich möglich sei. So individuell wollte sich aber behördlich niemand aus dem Fenster lehnen. Insgesamt sind wir dennoch gut durch die Saison gekommen, weil es eine verstärkte Nachfrage von Gästen aus Deutschland gab.
Was hat sich verändert?
Riechey: Wir mussten in vielen Bereichen umdenken. Wir haben z. B. im vergangenen Jahr unsere Terrasse umgebaut, Sitzmöglichkeiten eingerichtet, mit Sonnenschirmen im Sommer und Infrarot-Heizstrahlern im Winter, sodass wir wieder Veranstaltungen mit Live- Musik anbieten konnten – getanzt wurde natürlich nicht. Wir sind dennoch stolz drauf, dass wir als einer der wenigen Betriebe im letzten Jahr etwa 30 Live-Bands da hatten. Großen Bands mussten wir absagen, dafür konnten wir mehr kleinere Bands organisieren und neue Auftrittsformate mit Comedians, Zauberern oder Talkrunden entwickeln. Inzwischen hat sich in diesem Jahr sogar eine kleine Hausband von Mitarbeitern etabliert, die in die Programme eingebunden werden können. Da in diesem Jahr die Wiederzulassung von Gästen im Mai mit Testauflagen verbunden war, haben wir auf dem Campingplatz ein eigenes Testcenter eingerichtet und dafür zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Täglich werden dort an sechs Tagen in der Woche zwischen 250 und 300 Gäste getestet. Wir haben zudem unsere Mitarbeiter schon vor der offiziell eingeführten Testpflicht getestet. Viele dieser neuen Aktivitäten hat mein Sohn, Malte Riechey, mit tollem Einsatz entwickelt. Er ist für diese Bereiche verantwortlich.
Eine große Verantwortung geht auch mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit einher.
Riechey: Klimafreundliches Camping wird bei uns groß geschrieben. Seit Jahren sind wir mit „Ecocamping“, der Initiative für ökologisches Campen, verbunden. Zudem lassen wir jährlich von der europäischen Umweltmanagement EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) zertifizieren – seit 15 Jahren machen wir da schon mit. Für unser Wassermanagement wurden wir von der EU-Kommission bereits mit dem „EMAS Award 2012“
ausgezeichnet. Unser gesamtes Wasser, was wir auf dem Gelände verbrauchen, wird gereinigt, desinfiziert und dann zur Beregnung des Golfplatzes gebraucht, sodass wir das Wasser wieder in den Kreislauf bringen. Das Thema Wassermanagement ist ein Spezialgebiet meines Sohnes – klimafreundliches Campen wird in Zukunft noch wichtiger werden.