Business-Camping – Dr. Camp im Interview
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Business und Camping – zwei Wörter, die nicht so recht zusammenpassen wollen. Denkt man zumindest, bis man sich mit Thorsten Heuel alias Dr. Camp unterhält. Der Geschäftsmann, Familienvater und leidenschaftliche Camper hat den Begriff geprägt, wenn nicht sogar erfunden. Zumindest lebt er ihn jeden Tag aufs Neue. Unsere Autorin hat ihn am Rande der ITB in Berlin getroffen – oder besser gesagt auf dem Weg dorthin. Weil Zeit ein kostbares Gut ist, fand das Interview nämlich in seinem Wohnmobil statt. Ein bisschen Urlaubsgefühl kam da schon auf: Das noch nasse Duschhandtuch klemmt zum Trocknen zwischen Fahrer und Beifahrersitz, im Armaturenfach liegt das Hörbuch „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling. Und während der silbergraue Westfalia Camping Van durch die vollgestopften Straßen der Hauptstadt rollt,erzählt Thorsten Heuel, wie er überhaupt zum Business-Camper wurde und warum er sein Zuhause auf Rädern einem Luxushotel vorzieht.
Thorsten, wie kamst du eigentlich zu deinem „Doktor“-Titel?
Dr.Camp: Meine Frau hat ihn mir erteilt – und das sollte man mit Humor nehmen. Immer wenn mich ein bestimmtes Thema interessiert, lese ich mich erst einmal wie verrückt ein. So war das auch, als es mit dem Campen bei mir losging. Als meine Frau die vielen Prospekte auf dem Wohnzimmertisch gesehen hat, fragte sie nur: Na, schreibst du eine Doktorarbeit? Als ich dann 2014 einen Namen für meinen Blog gesucht habe, schaute mich meine Frau an und sagte: Für mich bist du Dr. Camp.
Seit wann campst du?
Tatsächlich habe ich das Campen erst sehr spät für mich entdeckt. Im Gegensatz zu anderen, war ich nie als Kind mit meinen Eltern campen. Mir war das eher fremd. Von mir stammt der Spruch: Die schlechteste Pension ist besser als das beste Zelt. Ich wurde aber auch nie zum Zelttyp. Wohnmobile hingegen haben es mir schon immer angetan. Ich meine, da gibt es Fahrzeuge, die haben alles drin, was eine Wohnung hat und man hat immer all das dabei, was man braucht. Wie geil ist das denn!
Und wie bist du Camper geworden?
Ich habe irgendwann Kataloge verschlungen und habe mich informiert, was es so alles gibt. Als meine Frau und ich das Architekturbüro von meinem Vater übernommen haben, war ich plötzlich frei. Ich konnte mir selbst aussuchen, was für ein Geschäftsauto ich fahren möchte und wie ich meinen Berufsalltag gestalten möchte. Das Thema Business-Camping hatte schon länger in mir geschwelgt. Und plötzlich hatte ich die Chance, das auch umzusetzen. Wir haben uns einen VW T5 California Beach angeschafft, haben darin ein Bett ausgebaut und waren von da regelmäßig mit dem Wohnmobil campen. Mit dem Fahrzeug war ich dann im Jahr 2015 auch das erste Mal auf der ITB in Berlin.
Und wie genau muss man sich Business-Camping vorstellen?
Für mich ist das die Verbindung aus Geschäftsreise und Camping. Ich bin seit ein paar Jahren im Außendienst tätig. Das heißt, ich bin viel unterwegs und übernachte immer woanders. Dabei mache ich die berufliche Reise mit einem Camping-Fahrzeug. Das muss jetzt kein vollausgestattetes Wohnmobil sein, wie dieses Westfalia-Modell, was ich fahre. Es kann auch schlicht und ergreifend ein Pkw mit einer Matratze hinten sein oder ein Wohnwagen zum Anhängen. Das hängt von den persönlichen Bedürfnissen ab, aber auch von der Art des beruflichen Termins. Wenn du morgens auf Montage bist, musst du nicht wie aus dem Ei gepellt aussehen. Als Banker im Außendienst oder wie ich im Vertrieb, solltest du die Option haben, dich morgens zu duschen und dir ein gebügeltes Hemd anziehen zu können.
Dein Fahrzeug hat also eine Dusche?
Ja, direkt hinter uns ist die Kabine. Die Duschwanne ist sogar beheizt. Das macht das Duschen bei kalten Außentemperaturen sehr viel angenehmer.
Das ist ja komfortabler als zuhause! Und kannst du abends spontan einen Parkplatz anfahren oder musst du dir im Vorfeld einen Platz reservieren?
Meistens schaue ich vorab, wo es kostenfreie Parkplätze in der Nähe gibt. Da mein Fahrzeug nicht länger als sechs Meter ist und ich autark bin, kann ich theoretisch überall parken, wo es auch erlaubt ist. Das Gesetz sagt: Du darfst bis zu zehn Stunden irgendwo stehen, um deine Fahrtüchtigkeit wieder herzustellen. Also alles im legalen Bereich, solange du parkst und in deinem Auto schläfst und dich dort duscht – so wie ich das letzte Nacht gemacht habe. Übrigens direkt vor dem Innenministerium. Cooler Spot und sehr sicher, glaube ich. Manchmal bieten es mir aber auch die Geschäftspartner an, bei ihnen direkt auf dem Firmengelände zu parken. Der große Vorteil hierbei: Du musst morgens nicht früher aufstehen und zu deinem Termin fahren, denn du bist ja schon dort.
Das klingt nach Geschäftsreise mit enormen Freiheiten.
Im Außendienst hast du diese Freiheit generell ein bisschen. Du bist in deinem beruflichen Alltag nicht kontrollierbar, sehr wohl aber über die Zahlen, die du verbuchst. Wenn du zu viel Camping und zu wenig Business machst, kommt das irgendwann raus. Der Unterschied ist aber: Wenn ich einen Campingplatz habe, sitze ich abends nicht alleine im Hotelzimmer. Stattdessen sitze ich im Idealfall an einem Platz in der Natur. Zudem weiß ich, dass ich gut schlafen werde. Ich habe mein eigenes Bett dabei. Die Schlafqualität ist mir sicher. Die erste Nacht in einem Hotel schlafe ich meistens schlecht. Mein Wohnmobil kann ich abdunkeln, Privatsphäre schaffen und es von innen abschließen.
Und weißt du immer, wo du aufwachst?
Wenn ich mehrere Orte nacheinander anfahren muss, stelle ich mir diese Frage schon ab und an.
Dein Arbeitgeber ist ein bekannter Hersteller für Camping-Fahrzeuge. Das ist natürlich praktisch für dich.
Das stimmt. Mit der Firma habe ich das große Glück, dass ich ein Fahrzeug von ihnen bekommen habe und ich meine Idee von Business Camping ausleben kann. Gleichzeitig mache ich Werbung für sie, direkt auf der Straße oder auf Messen. Zudem teste ich die Produkte. Ich kann sagen, was im Alltag funktioniert und was noch verbesserungswürdig ist. Vor einigen Jahren hatte ich eine Firma aus Großbritannien als Arbeitgeber. Die fanden es gar nicht gut, dass ich abends lieber campen wollte, anstatt in ein Hotelzimmer zu übernachten.
Hotels nutzt du also gar nicht mehr?
Ab und an noch. Denn immer kann ich die Strecken nicht mit dem Auto zurücklegen. Wenn ich kurz nacheinander Termine in mehreren Ländern habe, funktioniert Business Camping nicht, weil ich die Strecken zeitlich nicht mit dem Auto schaffe. Dann bin ich halt mal zehn Tage mit Flugzeug und in Hotels unterwegs. Das kann ich dann aber auch genießen.
Da kannst du dich dann zumindest zurücklehnen und musst dich nicht permanent auf den Verkehr konzentrieren.
Genau. Im Herbst werde ich beruflich auf zwei Messen in Schweden und Norwegen sein, eine Woche später habe ich eine in Finnland. Daraus bastele ich mir einen 15-tägigen Trip mit dem Auto. Auf den Messen kann ich mein Fahrzeug direkt am Messegelände abstellen, in Schweden sogar mit Seeblick. Das ist dann Business Camping im allerschönsten Sinne.
Das klingt herrlich! Da kriegt man selbst Lust drauf.
Die meisten sind begeistert, wenn sie sehen, wie ich beruflich reise. Auf der Cebit in Hannover hatte ich mal ein Gespräch mit einem Geschäftsmann. Er hatte beklagt, dass sein Hotel so weit außerhalb lag und er eine horrende Summe für miese Qualität bezahlt hatte. Er fragte: Und bei Ihnen? Ich sagte zu ihm: Also, wenn sie jetzt geradeaus gucken, da vorne steht mein Hotel auf Rädern. Ich schlafe im eigenen Bett, zahle 25 Euro die Nacht und ich bin direkt vor der Tür. Ihm ist die Kinnlade runter.
Die Idee des Business-Camping eignet sich aber nicht für Geschäftsleute, sondern auch generell für Menschen, die etwa ein digitales Business haben, ortsunabhängig leben oder schlichtweg Minimalisten oder sogenannte digitale Nomaden sind, die ohne festen Wohnsitz leben.
Ja, so ist das. Ich sage manchmal zu meiner Frau, wenn wir mit dem Camper unterwegs sind: Mal ehrlich, uns fehlt es doch an nichts. Denn wir haben alles. In einer Wohnung ist es eben mehr von allem und eine größere Ausstattung. Ich sage dann immer so blöd: Du kannst nur auf einem Stuhl sitzen und an einem Herd kochen. Selbst wenn ich vier Badezimmer hätte, ich kann immer nur eins benutzen. Das ist halt so.
Du wirkst gelassen. Hat das Business-Camping dich verändert?
Ich habe gelernt mehr mit dem Flow zu gehen. Das bringt aber auch mein Job mit sich und die Familie. Du musst in der Lage sein, absolut flexibel zu reagieren. Es braucht eine gewisse Grund-Ruhe und du brauchst die Fähigkeit, einen vorgefertigten Plan ändern zu können, ohne dich darüber aufzuregen, weil halt irgendetwas doch nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt oder erwartet hast. Wenn du viel reist, lernst du, gelassener zu sein.
Und nicht zu vergessen die Freiheit, die man dabei genießt.
Ja. ich war schon immer ein freiheitsliebender Mensch. Es ist ein Gefühl von Glück. Längst wissen wir, dass Glück nicht nur von finanziellen Faktoren abhängt.
Wie kann man die Idee des Business-Campings am besten umsetzen?
Zunächst musst du eine Bestandsanalyse machen und dir folgende Fragen beantworten: Was ist mir wichtig? Wie will ich das umsetzen? Was hat mein Arbeitgeber davon? Gibt deine Jobsituation das überhaupt her? Vielleicht hast du Glück und dein Chef ist selbst ein Camper. Aber in jedem Fall brauchst du gute Argumente. Denn du verkaufst ihm einen Arbeitsstil. Der Arbeitgeber interessiert sich im Zweifelsfall nicht für dein Glück. Warum soll er dir erlauben deinen Camping Van als Firmenwagen abzurechnen? Was hat er davon? Du musst ihm deine Motivation, den Kostenfaktor und die Flexibilität nahe bringen und damit argumentieren, zu seinen Gunsten. Vielleicht kannst du ja sogar mehrere Termine am Tag wahrnehmen – bei dem Argument wird dein Chef dir eher zuhören.
Wie sieht ein Feierabend bei dir aus?
Oftmals schreibe ich Artikel für meinen Blog oder schneide Videos für meinen YouTube-Channel. Tatsächlich macht mir das einfach Spaß und ich trenne Arbeit und Feierabend nicht so wie andere. Wobei es schon mal vorkommt, dass meine Frau sagt: Jetzt guck doch mal einen Tatort mit mir! Als Familienvater ist es für mich ideal, dass ich auch mal zuhause arbeiten kann, wenn ich nicht unterwegs bin. Ich liebe, was ich tue.
Fotos von Iunia Mihu und Thorsten Heuel
Du willst mehr über Dr. Camp erfahren? Dann besuche seinen Blog unter drcamp.de.